Guido K. und Die großen Verlierer der Geschichte

Ja, ich wurde dazu veranlasst, diese Fernsehsendung des Guido K. zu sehen.
Ja, ich fand sie aufschlussreich. Die Aneinanderreihung war fast lustig: der Römer Varus neben Che Guevara, Lemann Brothers neben Kaiser Wilhelm II neben Indira Gandhi neben dem spanischen Philipp, dem mit (bzw. ohne) der Armada. Alles zusammengewürfelt, um die Zufälligkeiten der Geschichte zu belegen und die Individualisierungen.
Plötzlich ist der Weltkrieg eins eine Folge von Bündnisverstrickungen, in die der Mensch Wilhelm wegen eines Körperschadens gerät und die (Finanz-)Krise ist Folge der extremen Gier eines einzelnen Manager. Die Weltmacht Englands Folge eines Sturms, der Kubaner ein wenig verrückt, ein hoffnungsloser Spinner … Lediglich bei den englischen Kanonen wurde einmal angedeutet, dass auf der Seite der Sieger der („Produktivkraft“-)Fortschritt stand.
Ach ja, den armen Barzel habe ich vergessen, der seinen verdienten Kanzlerposten nicht errang, weil die Stasi zwei christliche Abgeordnete gekauft hatte. Dabei hatte dieses Beispiel wenigstens eine gewisse Pikanterie, deren sich der Autor allerdings nicht bewusst war. Das Kaufen von Abgeordneten ist ja typisch für das System. Dass nun ausgerechnet das Ministerium für Staatssicherheit zur Durchsetzung einer Entspannung in Europa genau diese Taktik erfolgreich angewendet hatte, ist doch zum Schmunzeln.
Warum sind derartige Sendungen aber so wichtig?
Es wird das Interesse für Geschichte auf eine ganz spezielle Weise geweckt. Eigentlich wird Geschichte auf Zufälligkeiten und richtige oder falsche Persönlichkeiten am entscheidenden Fleck reduziert. Nun darf man nicht in den Determinismus einiger Linker verfallen, die solche Zufälligkeiten leugnen, aber eigentlichwurde ausgerechnet an dem Beispiel, wo der „gesellschaftliche Fortschritt“, der an sich im Jahre 9 u.Z. bei den Römern gelegen hätte, gezeigt, dass es angeblich eben keinen gesellschaftlichen Fortschritt gibt. Und da wird ein solches Konzept nicht nur problematisch, sondern gefährlich. Natürlich gibt es eine Verführung der ausgeübten Macht, die auch die eigenen Ideale bedroht. Aber es gibt eben auch eine Tendenz, nach der sich auf einem bestimmten Niveau des jeweils herrschenden Systems und seiner Gegner das fortgeschrittenere gegen das alte durchsetzt. Und das heutige System heißt eben nicht Lehmann Brothers … (so wie das künftige garantiert nicht „Stasi“ heißt, im Gegenteil, es wird die Bedingungen, die eine Erscheinung wie diese „Stasi“ notwendig machen, beseitigen)

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