Warum wurde Kuba kein Dominostein? (1)

In meiner eigenen Logik stellte ich es als mehr oder weniger folgerichtig hin, dass nach der Zersetzung der Gorbatschow-Sowjetunion der Rest der sozialistisch orientierten Staaten wie ein Kartenhaus oder eben eine Reihe von Dominosteinen mit ihrem System zusammenbrachen und sich dem Profit prostituierten. Dabei war ja auffällig, dass dies in Osteuropa nicht nur tatsächlich so aussah, sondern sich einige führende Staatsparteien mit besonderem Eifer bemühten, im neuen alten System anzukommen. Dass der Weg Chinas abwich ergibt sich allein schon aus seiner Größe und der relativen „Unabhängigkeit“ vom Weltmarkt. Kuba jedoch war ein ökonomisches Hätschelkind der Staatengemeinschaft, wurde fast von einem Tag zum anderen vom ökonomischen Tropf genommen und … verstarb nicht.
Über die Gründe können wir als größte Deutsche aller Zeiten nur spekulieren. Eindrücke als Touristen und eingeladene Besucher können nur Blitzlichter bieten ohne ganzes Bild. Aber die Entwicklung ist zu wichtig, um sie als denkbare Lehre zu ignorieren.
Wichtig: Die Entwicklung nach Halbgott Fidel Castro lässt die vulgäre Interpretation Diktatur nicht recht zu. Klar öffneten sich in Stalins Sowjetunion, in Spanien, Portugal und vielen im bürgerlichen Sinne „Diktaturen“ erst neue gesellschaftliche Alternativen mit dem Ableben des Alleinherrschers. Aber es sind ja wohl keine Analogien zwischen Kuba und Rumänien zu erkennen.
Allerdings gibt es einige Besonderheiten, die mindestens berücksichtigt werden müssen:
1.Kuba hat die beste Armee der Welt.
2.Kuba ist eine Insel.
3.Kuba wird im Krieg gehalten.
Obwohl an die erste Stelle gesetzt, weil mir das als das Wichtigste erscheint, möchte ich die Frage der „Armee“ nachher erklären und mit den zwei anderen Argumenten beginnen.
Ich habe mich schon einmal an das Thema gewagt. Da war der Anlass ein sehr emotionaler Beitrag von Egon Krenz auf einer Veranstaltung. Er verwahrte sich gegen die Argumentation, dass sozusagen gerade der US-amerikanische Boykottkrieg die sozialistische Ausrichtung Kubas am Leben erhielte. Das sei doch ein so tolles Volk und keines von Trotzköpfen (meine Ausdrucksweise).
Nun frage ich aber dezent, welche Wirkung es auf normale Menschen es haben müsste, wenn am Rande von Wismar eine Bastion von derart gesetzloser (!!!) Entmenschlichung errichtet worden wäre, dass die Gefangenschaft im Stasi-Knabe-Horrorknast Hohenschönhausen oder in Bautzen den Insassen als Erholungsurlaub vorgekommen wäre? Und eine solche deutsche Exklave allein auf militärischer Macht und jenseits JEDER Rechtsstaatlichkeit erhalten bliebe?
Wie soll sich jemand fühlen, der eine einfache medizinische Behandlung nicht bekommen kann, weil auf Teile des erforderlichen Geräts ein US-amerikanisches Patent liegt, das jedem verbietet, es im bösen eigenen Land einzusetzen? Er steht vor der Frage, ob er restlos auf seine eigene menschliche Würde verzichtet – um die „Menschenwürde“ des Gegners zu erhalten.

(Fortsetzung folgt)

2 responses to this post.

  1. Posted by Günther Wassenaar on Februar 26, 2010 at 10:32 pm

    „Wichtig: Die Entwicklung nach Halbgott Fidel Castro lässt die vulgäre Interpretation Diktatur nicht recht zu. Klar öffneten sich in Stalins Sowjetunion, in Spanien, Portugal und vielen im bürgerlichen Sinne „Diktaturen“ erst neue gesellschaftliche Alternativen mit dem Ableben des Alleinherrschers.“ Ich möchte an der Stelle nochmals die Frage stellen, wo sich der Blog politisch positioniert. Natürlich ist es für Merkel und ihre Vasallen üblich den Kommunismus in einem Atemzug mit dem deutschen Faschismus zu nennen. Auch wird dort Hitler als harmlos bezeichnet, wenn man ihn mit Stalin vergleicht – aber Stalinismus ist der absolute Kampfbegriff aller Antikommunisten dieser Welt. Wenn ich also deren Sprache übernehme, blase ich in das gleiche Horn -dann unterscheide ich mich von Merkel, Westerwelle und Co nur unwesentlich. DA ich immer wieder betone, dass es auch zwischen Merkel und Hitler keine wirklichen Unterschiede gibt, da sowohl sie als auch Hitler aus der gleichen Quelle finanziert werden, bzw. wurden, vom deutschen Großkapital – ist also die gleiche Wortwahl schon sehr bedenklich – oder?

    Wer immer wieder von dem Diktator Stalin spricht, den bitte ich seine Quellen anzugeben, aus denen sich ergibt, dass dort derartige Verbrechen begangen wurden. Ich will damit keineswegs abstreiten, dass es auch zu der Zeit , wie in allen Epochen des Umbruchs von einer Gesellschaftsformation zu einer neuen, Fehler gegeben hat. Wer mit mir streiten will, dem stelle ich gern das Heft „Stalin anders betrachtet“ zur Verfügung, ich habe diese Datei im PDF-Format. Im Gegensatz zu den ganzen Greuelgeschichten, für die es jedoch bisher für mich keine klaren Quellenangaben gibt, ist in dieser Datei alles mit Quellen belegt. Für jemanden der sich der Wahrheit und einer wirklichen Nachforschung verpflichtet fühlt, eine Aufgabe.

    Aber nun zu CUBA. Natürlich ist Fieldel für viele Cubaner ein Held, vor allem auch, weil er nicht nur geredet hat, sondern auch dementsprechend gehandelt. Immerhin hat er sich selbst als erstes Enteignet. Aber das wichtigste dabei ist auf der einen Seite, dass die Cubaner sich selbst befreit haben, also für das was sie haben mit ihrem Blut gekämpft haben, auf der anderen Siete haben sie die drastische Gegenseite direkt vor Augen. Analphabetentum, Arbeitslosigkeit, kaum Krankenfürsorge, … Sie brauchen nicht überzeugt zu werden, dass der Sozialismus besser ist als die sie umgebenden Regieme.

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  2. Ich bin gern bereit, auch Verteidiger Stalins zur Kenntnis zu nehmen. Allerdings wurde auch aus eigenen Reihen seit dem XX. Parteitag auf persönliches Fehlverhalten Stalins verwiesen, das der Entwicklung des Weltsozialismus geschadet hat. Ich hoffe, du möchtest als Beispiel die Schauprozesse gegen Kommunisten anderer Denkrichtungen einschließlich für die Verteidigung der Sowjetunion zuständiger Spitzenkräfte nicht Recht nennen.
    Der Charakter des Ausdrucks „Stalinismus“ als Kampfbegriff beruht doch auf etwas Anderem: Es wird von Details auf das Ganze geschlossen, um eben dieses Ganze für verdammenswert abstempeln zu können.
    Dagegen muss man sich wehren, indem man herausarbeitet, was das Wesen des Sozialismus ist – und z. B. kann es das nicht sein (und ist es auch nicht), dass eine Person auf Lebenszeit an der absoluten Spitze des Staates steht.
    Abgesehen davon, dass ich vermute, dass ein lebender Lenin in den folgenden Jahrzehnten den Weg zum Sozialismus geschickter gegangen wäre, wäre ich natürlich (als SF-Autor) sehr gespannt, wie er mit einem solchen formalen Sachverhalt umgegangen wäre.

    Die Reduktion der Lebensfähigkeit der kubanischen Revolution auf den Fakt, dass die Kubaner die selbst gemacht haben, halte ich etwas für eine „faule Ausrede“. Die ist mir ganz massiv bei Hans Modrow begegnet. Dem stehen mindestens zwei Sachen gegenüber:
    1. Als Castro versuchte, die Moncada zu stürmen, war er ein mutiger Außenseiter, Anführer einer „Bande von Aufrührern“. Das kubanische Volk ist erst in einem Prozess von der Richtigkeit der neuen Sache überzeugt worden. Man beachte, dass Che Guevara aus diesem Ausgangsgedanken in Bolivien den voreiligen Schluss zog, dass man nur mutig genug anfangen müsse und die ausgebeuteten Massen würden schon folgen.
    2. Das, was wir zu Recht „antifaschistisch-demokratische Revolution“ nennen, lag gute 40 Jahre zurück. Zeit genug, um die anfangs durch faschistische Infiltration deformierten Massenhirne zu überzeugen von der neuen Sache, Zeit genug, eine neue „sozialistisch“ denkende Generation reifen zu lassen. Aber besonders wichtig: Nicht die größte DDR aller Zeiten hat den Zusammenbruch des Staatenblocks eingeleitet, sondern genau der Staat, der seine Revolution selbst gemacht hatte – wie Kuba.
    3. Wenn wir von der Lebenserwartung und dem Bildungsniveau absehen, so ist das materielle Lebensniveau der Kubaner niedrig – erst wieder nahe dem, das antiimperialistische Solidarität diesem Land Ende der 80er Jahre ermöglicht hatte. Mit dem Kopf der Ex-DDRler gedacht, die damals die „Wende“ gewollt haben, gedacht, stellt sich doch die Frage, warum sich die Kubaner eher mit den gnadenlos Ausgebeuteten ihres Kontinents vergleichen sollen als mit ihren „Landsleuten“, den „Exilkubanern“, denen es im Land der großen „Freiheit“ doch wesentlich besser geht.
    Wenn man schon einen Vergleich anstellt, dann höchstens den, dass den Kubanern kein Marshal-Plan-getuntes kapitalistisches Musterländl vor die Nase gesetzt worden war, in dem die Durchschnittsarbeiter wegen ihres bescheidenen Wohlstands nicht mehr begriffen, dass sie (trotz allem) ausgebeutet wurden, dass sie in jenen Ex-„Landsleuten“ den eigenen Ausbeuter-Abschaum erkennen konnten.
    Trotzdem – und das ist die wichtigste Lehre für die Zukunft, halten die für die Kubaner besonders deutlich sichtbaren Verbrechen der nahen Imperialisten (menschenverachtender Generalboykott, Guantanamo, Miami-Fünf usw.) die emotionale Bedrohung neben dem theoretischen Wissen wach.
    Zu akzeptieren, dass „menschenrechtliche“ Erleichterungen im Zuge des Helsinki-Prozesses als Erfolg der (imperialistischen!) „freien Welt“ erschienen – wodurch der die Wirklichkeit auf den Kopf stellende Eindruck entstand, dass dem Sozialismus „Menschenrechte“ abgetrotzt werden müssten und konnten – der also das schlimme System war – war dastaktisch Dümmste, was sich der „Realsozialismus“ leistete … Was dann in die Illusion mündete, ein Strauß-Kredit sei der Weg, Engpässe auf dem Weg zu „entwickelten Sozialismus“ – als ob der DARAN interessiert gewesen wäre.
    Guantanamo und die Monster-Urteile gegen Terroristen-Bekämpfer sind natürlich einfacher zu erklärende Beispiele, wo der „Unrechtsstaat“ liegt.

    Lieber Günther, du führst Analphabetentum und Arbeitslosigkeit an. Ist dir klar, wie nahe das in einem so entwickelten Land wie Kuba zum Bumerang werden kann? Was nutzt eine sehr hohe Bildung, wenn man sie nicht entsprechend anwenden kann. Die setzt ja das Vorhandensein von hoch qualifizierter Arbeit voraus. Wie schnell aber kann ein junger Mann verkommen, der mit Hochschulabschluss sein Geld als Boy der Luxus-Touris verdient? Insofern ist Kuba eine Menschheitsherausforderung. So wie dieses Land seine positiven Probleme löst – und wir stimmen ja wohl darin überein, dass es ein positives Problem ist, sich eine qualifizierte Jugend zu entwickeln, die sich die Welt mit großen Selbstverwirklichungsaufgaben erobern will – so werden wir als Menschen der Erdgeschichte (!!!) gerecht. Da ist die kapitalistische Welt einfach faschistisch: Dort fällt ein unterschiedlich großer Teil junger Menschen von Anfang an „durch den Rost“.

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